Appetit - Ballaststoffe drosseln die Nahrungsaufnahme

Darmbakterien können aus unverdaulichen Kohlehydraten Propionsäure freisetzten. (Foto: iStock)
Ballaststoffe sind wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung – das weiß man schon lange. Zudem verlängern die weitgehend unverdaulichen Pflanzenstoffe auch das Sättigungsgefühl und gelten deshalb auch als „Schlankmacher“. Doch wie genau können Ballaststoffe die Nahrungsaufnahme drosseln? Spannende Ergebnisse dazu liefert eine britische Studie.
Die Forscher um Anthony Goldstone, Claire Byrne und Gary Frostvom vom Imperial College in London konnten zeigen, dass der Genuss von ballaststoffreichen Nahrungsmitteln den Appetit verringern kann. Dabei spielen Darmbakterien eine wichtige Rolle, die die unverdaulichen Kohlenhydrate als „Futter“ verwerten. Als Abbauprodukt produzieren die Mikroorganismen Propionsäure.
Propionsäure dämpft Hirnaktivität
Wie die Forscher feststellen konnten, beeinflusst die im Darm anfallende Propionsäure (auch als Propionat bekannt) die Aktivität bestimmter Hirnregionen. Genauer gesagt, dämpft es die Areale, die bei angeregtem Appetit aktiv sind. In ihrer Studie verabreichten die Wissenschaftler den Testpersonen einen speziellen Nahrungszusatz, der zu einem Anstieg der Propionsäure-Konzentration im Darm führte.
Propionsäure zum Frühstück
Die Studienteilnehmer bekamen eine Woche lang verändertes Inulin (Inulin-Propionat-Ester) in Form eines Nahrungszusatzes zum Frühstück. Zu Kontrollzwecken erhielten die Probanden eine Woche später unverändertes Inulin, wie es als löslicher Ballaststoff zum Beispiel in Tobinambur-Knollen vorkommt. Jeweils sechs Stunden nach der Mahlzeit wurde die Aktivität bestimmter Hirnregionen mit Hilfe eines fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) gemessen. Bei dieser Technik kann man aufgrund des gesteigerten Blutflusses auf eine verstärkte Aktivität von Hirnzellen schließen. Den Testpersonen wurden während des Hirnscans Bilder von Nahrungsmitteln mit hohem oder niedrigem Kaloriengehalt präsentiert. Beim Anblick schmackhaften Essens steigt normalerweise die Aktivität in bestimmten Hirnregionen des Corpus striatum. In der Folge nimmt das Verlangen nach Nahrung zu. Nach der Gabe des Inulin-Propionat-Esters zeigten diese Hirnregionen beim Anblick von Pizza & Co. jedoch eine deutlich schwächere Reaktion als dies nach dem Verzehr des unveränderten Inulins der Fall war.
Appetit und Nahrungsaufnahme deutlich reduziert
Die Testpersonen mussten außerdem die Attraktivität der gezeigten kalorienreichen Nahrungsmittel bewerten. Zudem bekamen sie noch ein Nudelgericht, das sie ganz aufessen durften. Wer das veränderte Inulin bekommen hatte, beurteilte die Nahrungsmittel schlechter und nahm von den Nudeln außerdem rund 10 Prozent weniger zu sich. Auch eine frühere Studie mit Übergewichtigen konnte bereits zeigen, dass bei täglicher Einnahme des Inulin-Propionat-Esters die Zunahme an Gewicht nach sechs Monaten zurückgeht. Die neue Studie liefert nun eine mögliche Erklärung, wie das funktioniert.
Damit es mit Hilfe von natürlichen Ballaststoffen zu demselben Effekt kommt wie mit dem Inulin-Propionat-Ester, müsste man täglich rund 60 Gramm davon zu sich nehmen. Laut Frost wäre dies kaum zumutbar. Außerdem sei die Darmflora bei jedem Menschen anders zusammengesetzt und daher eine mögliche Ursache dafür, dass das Risiko für Übergewicht von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist, so die Erstautorin der Studie Claire Byrne.